Donnerstag, 21. Juni 2012

Re: Die Homöopathische Atombombe

(Dies ist eine Antwort auf diesen Blogeintrag, die ich auf Grund der Länge leider nicht direkt dort hinterlassen konnte)

Viel zu selten lese ich deinen Blog und viel zu gut schreibst du, als dass ich um eine Antwort herum käme.

Ich finde das Thema sehr interessant und habe mir auch selbst schon viele Gedanken darüber gemacht. Ich finde allerdings, dass deine Darstellung sehr Einseitig ist. Allerdings fürchte ich, dass ich die ganzen Punkte, die mir dazu einfallen, spontan nicht sinnvoll angeordnet bekomme (und am Ende wahrscheinlich noch die Hälfte vergesse) - ich bitte daher, die etwaige Unordnung in meinem Schreiben zu verzeihen.

Zunächst das meiner Meinung nach Offensichtlichste, aber sicherlich auch das Belangloseste vorweg. Zu 6.: Der Herr Schüßler, dessen Namen diese Mittel tragen, verdient daran sicherlich genauso viel, wie C. Darwin an der Evolution und A. Einstein an der Lichtgeschwindigkeit verdient. Somit trifft deine Auslegung des Listenpunktes aus dem Arneitelegramm hier so nicht zu. Möglicherweise werden die Mittel von einem monopolistischen Unternehmen vertrieben, dass sich daran dumm und dussellig verdient, mag vielleicht noch sein, war von dir aber (so wie ich das verstehe) nicht gemeint. Und wenn ich sehe, dass man im Internet 1000 Pastillen für 12 Euro bekommt (Stand 20.06.2012), scheint mir das auch nicht der Fall zu sein.

Zweitens ist auch schulmedizinisch bestimmten Mineralien eine "Wirkung" zu-/nachgewiesen - und zwar auf banal-biologischer ebene, nix mit Patiententests und auszuwertenden Statistiken! Das liegt ganz einfach daran, dass diese Ionen für Austauschprozesse durch die Zellmembran benötigt werden. Ein Mangel an bestimmten Stoffen kann zu Effekten führen, die sich symptomatisch in Form von beispielsweise Krämpfen zeigen. Allerdings gebe ich dir auch Recht, dass mit der Homöopathie-typischen Dosierung ein heilender Effekt kaum denkbar ist.

Drittens hast du von den Patientenstudien nur eine Seite beleuchtet. Klar: Wenn von den 1000 Personen, die das tatsächliche Arzneimittel bekommen haben, 999 nach beendigung der Therapie geheilt sind, nimt man an, dass das Medikament wirksam ist. Was ist aber, wenn auch die 1000 Personen, die das Placebo bekommen haben, am Ende gesund sind? (Das Wort "gesund" ist hier mit Vorsicht zu genießen! Oftmals geht es bei solchen Studien nur um eine relative Verbesserung. Zu dem Begriff selbst komme ich später nochmal.) Kann man dann immer noch sagen, dass die Verbesserung der Patientensituation eindeutig am auszutestenden Medikament lag?

In einem Vortrag über Transzendentale Meditation, den ich mir vor einigen Jahren mal aus Neugier angesehen habe (kenne deine Feinde ;) ), wurde hierzu eine sehr schöne Statistik aufgeführt, über die ich mich damals herrlich amüsieren konnte und die ich hier gerne trotz fehlender Quellenangabe als Beispiel heranziehen möchte. Es ging dabei um das mit dem Rauchen Aufhören. Transzendentale Meditation (kurz: TM) wurde dort mit einer Erfolgswahrscheinlichkeit zwischen 30 und 40% als zweit bestes "Mittel" aufgeführt. Darüber stand nur noch - oh staun, oh wunder - Placebo! Dass die Aussagekraft (gerade im Sinne der Vertreter der TM) anzuzweifeln ist, brauche ich ja hoffentlich nicht zu erwähnen. Man sieht hier, denke ich, recht deutlich, welche Schindluder man mit solchen Statistiken machen kann.

Kommen wir zum vierten und größten Punkt. Schulmedizin, "gesund" und "krank". In der Medizin soll seit geraumer Zeit (jedoch noch nicht "schon immer") genau wie in anderen Branchen Geld verdient werden. Weder ein Mediziner, noch ein Arzneimittelhersteller, kann jedoch an einem gesunden Menschen etwas verdienen. Deshalb werden seit Anfang des 20. Jahrhunderts vermehrt Krankheitsbilder frei erfunden, um diese dann für den Patienten kostspielig zu behandeln (siehe hier). Warum sonst steigert eine steigende Ärztedichte nicht den Gesundheitsgrad der Bevölkerung, sondern senkt diesen sogar noch? Auch wenn es mehr und mehr Ärzte gibt, so finden sie doch erstaunlicherweise aller immernoch genug Patienten! (siehe hierzu Kommentare von Volker Pispers; ohne Verlinkung im einzelnen, aber du weißt wahrscheinlich eh, welchen ich meine [sonst frag Aitch ;) ] )

Mein Fazit: Die Pharmaindustrie will Geld machen. Wenn es ein Allheilmittel gibt, das überall zu günstigen Konditionen verfügbar ist, dann ist das hochgradig marktschädigend. Im schlimmsten Fall ist sogar das Placebo das beste Medikament. Was würde das bedeuten? Ich bräuchte nur daran zu glauben, dass ich ein wirksames Medikament einnehme, und hätte dadurch beste Aussichten auf Heilung. Ob der Scharlatan, der mir dieses Placebo am glaubwürdigsten verkauft, nun aus der Schulmedizin/Pharmaindustrie oder aus alternativen Richtungen wie der Homöopathie kommt, spielt dann doch auch keine Rolle mehr, oder? Selbst verständlich wird versucht, einem möglichst viel Unfug anzudrehen. Das geschieht aber von beiden Seiten, den vermeindlich Seriösen sowie den Quacksalbern gleichermaßen. Wer gegen die Einen gut argumentiert vorgeht, den anderen aber blindlings vertraut, läuft letztlich in genau die gleiche Falle wie beiden Parteien unbedacht zu vertrauen.

So, ich hoffe, ich konnte meine Ansicht trotz der Wirre ein wenig verdeutlichen. Für mehr auf ein Bier?