Ich habe am Samstag einen Brief von der Studienstiftung des deutschen Vokes bekommen, und es wird wohl der letzte von denen sein. Sie schreiben darin, dass ich nicht in ihr Förderprogramm aufgenommen werde, aber ich fang einfach mal von vorne an:
Im Sommer des letzten Jahres, als die Vorlesungszeit zuende und die Prüfungen gerade in vollem Gange waren, habe ich das erste mal Post von denen bekommen. Aufgrund meiner guten Studienleistungen wurde ich von meinem Studiendekanat für ein Stipendium bei der Studienstiftung vorgeschlagen. In diesem ersten Brief erhielt ich die nötigen Bewerbungsunterlagen. Neben ein paar Angaben zur Person wie Interessen und Freizeitbeschäftigung wurde ein ausführlicher (nicht tabellarischer) Lebenslauf gefordert, sowie ein Empfehlungsschreiben eines meiner Professoren. Was schreibt man denn bitte in einem nicht tabellarischen Lebenslauf? Sowas bin ich ja mal überhaupt nicht gewöhnt... aber nun gut, angesichts dessen, dass mir dafür nur zwei Wochen Zeit gelassen wurden, habe ich denke ich ganz brauchbar was schreiben können und das Empfehlungsschreiben eingeholt und alles fristgerecht abgeschickt.
Das weitere Verfahren auf dem Weg zum Stipendium sieht dann so aus: JEDER, der die Unterlagen abgeschickt hat, wird zu einem Bewerbungs-Seminar-Wochenende eingeladen. An diesem Wochenende soll dann von einem Auswahlkomitee entschieden werden, ob man in das Förderprogramm der Studienstiftung passt (oder auch: ob man es wert ist, gefördert zu werden).
Aufgrund der recht kurzen Frist für die einzusendenden Unterlagen war ich natürlich davon ausgegangen, dass auch die zwingend darauf folgende Antwort - nämlich die Einladung zu besagtem Wochenende - nicht lange auf sich warten würde, jedoch: nichts.
Anfang August sind wir dann umgezogen. Die neue Adresse hatte ich meinem Anschreiben zwar beigefügt, aber man weiss ja nie ... August und September über habe Praktikum gemacht, hätte also die Wochenenden über immer Zeit gehabt, aber: nichts. Im Oktober ging das Semester los, wie gewohnt recht ruhig; auch da viele freie Wochenenden, jedoch: nichts. Mitte November kam dann was: Meine Unterlagen sind eingegangen. Puh! Mal gut, dass ich mich so beeilt hab, sie einzuschicken, sonst hätte das ja vielleicht auch noch länger gedauert ...
Ende November kam dann die Einladung zum Auswahlseminar. Dieses sollte am letzten Januarwochenende stattfinden, also vorige Woche. Dazu eine kurze Angabe über den Ablauf: Man solle ein streng auf 10 Minuten begrenztes Refarat vorbereiten, dass in einer Fünfergruppe von Bewerbern aus allen Fachrichtungen gemischt vorgetragen und danach diskutiert werden sollte. Das Thema ist frei zu wählen, sollte aber aus dem Bereich des möglichen späteren Arbeitsumfeldes oder des persönlichen Interessenbereichs stammen - nun gut. Des weiteren würde es zwei Gespräche mit Mitgliedern des Auswahlkomitees geben, auf die man sich weder vorbereiten könne noch solle.
Wunderbar, alles klar, Seminar im Januar. Dann kann ja jetzt nichts mehr schief gehen. Als ich nach Weihnachten von meinen Eltern wieder hier ankomme, habe ich eine weitere Mail von der Studienstiftung erhalten. Sie lautet in etwa so: "Da Sie sich bislang nicht für das Auswahlseminar angemeldet haben, vergeben wir Ihren Platz jetzt anderweitig." Moment, hab ich da was überlesen? Ich sollte mich dafür anmelden? Hm, das ergibt natürlich Sinn, wenn man genauer darüber nachdenkt, aber mitgeteilt wurde mir das nicht explizit. Empörte Mail zurück, Anmeldung hat doch noch geklappt. Geht doch!
Jetzt also ein Refaratsthema. Hm, mal sehen, aus meinem Berufs-/Studienumfeld, hm. Womit beschäftige ich mich denn? Numerische Simulation physikalischer Systeme. Jo. Und darüber soll ich dann mit SoWis, WiWis, Pädagogen, Medizinern, Juristen und was es sonst nicht noch alles gibt, diskutieren? Äh. Es gibt da schon unter meinen Komilitonen manchmal Schwierigkeiten, wie soll das denn bitte schön funktionieren??? Nein, da muss was anderes her. Es hat dann drei Wochen gedauert, bis ich mir endgültig ein Thema überlegt hatte: Künstliche Intelligenz. Der Einfall kam mir, weil ich mich mit meinem Mitbewohner über den Film Idoicrazy unterhalten habe.
Jetzt blieb noch eine Woche, um den Vortrag zu schreiben. Das ging recht gut, auch wenn ich beim Probesprechen immer auf mindesten 15 Minuten gekommen bin, aber das würde sich wohl noch geben.
Ab gehts zum Seminar. Das fand wie gesagt am letzten Januarwochenende statt und zwar im schönen Springe. Naja, ob es schön ist, kann ich nicht wirklich sagen, ich hab nicht viel davon gesehen an dem Wochenende, aber es lag viel Schnee und die Tagungsstätte liegt direkt am Deisterhang und das war auf jeden Fall schonmal recht schön. Auf dem Weg vom Bahnhof dorthin lernte ich bereits meine ersten Leidensgenossen kennen. Nach dem Beziehen meines Zimmers, das ich mir mit einem Techno-Mathematiker teilte, gab es Mittagessen und eine kleine Begrüßung/Einführung... ich will das Wochenende jetzt nicht zu sehr im Detail auseinandernehmen ...
Aber es war, wie man mir schon im Vorfeld gesagt hatte, eine sehr interessante Erfahrung. Zusammengefercht mit 45 etwa gleichaltrigen Studenten aus dem Raum Niedersachsen und um zu, die allesamt nervös sind, nicht wissen, was auf sie zu kommt, wie sie sich verhalten sollen, was von ihnen erwartet wird, und durch das nicht vorhandene Feedback der scheinbar ständig anwesenden Komissionsmitglieder noch weiter verunsichert wurden - so kann man tatsächlich recht schnell Leute kennenlernen!
Was bleibt zu sagen: In den Diskusionen habe ich mich wohl zu sehr zurückgehalten, da ich (natürlich) mit den meisten Themen nichts anfangen konnte. Zum Anderen ist aber auch die Zeit recht knapp, sich eine Meinung bilden zu können: 10 Minuten Vortrag, 15 Minuten Diskusion, Schluss. Hm. In den Einzelgesprächen habe ich mich jedoch wohl recht gut darstellen können: Ohne viel nachdenken zu müssen habe ich mich locker mit den "Prüfern" über mich, meine Interessen, Hobbys, Pläne und Einstellungen unterhalten können. Leider ist mir erst nach dem zweiten (und letzten) Gespräche aufgefallen, dass ich einfach mal wieder viel zu ehrlich gewesen bin: Ich habe nicht gesagt, dass ich die Welt verbessern möchte, dass ich nach höheren Zielen strebe. Stattdessen habe ich zugegeben, auch mal einen Tag nicht zu verplanen und Sachen ganz egoistisch nur für mich zu machen. Tja ...
Das ist auch schon genau der Knackpunkt: Das ist nicht das, was die hören wollen. Sie wollen hören, dass man in seiner Freizeit, von der man aufgrund seiner natürlichen Begabung für das Studium übermäßig reichlich hat, Behindertensportvereine trainiert und kleinen Kindern Mathe und Philosophie näher bringt. Dass man sich politisch engagiert und ganz selbstverständlich weiss, wie die weltweite Wirtschaftskriese zustande gekommen ist und wie sie zu lösen ist. Eine (scheinbar) sehr beliebte Frage war: "Was würden Sie an Stelle von Philipp Rösler tun?" Jetzt muss man erstmal wissen, dass das unser Gesundheitsminister ist, und sich dann auch noch (mal eben, denn auf die Gespräche konnte und sollte man sich ja nicht vorbereiten) überlegen, wie denn die perfekte Gesundheitspolitik für die nächsten 10 Jahre aussieht.
Wer solche einfachen Dinge neben dem Studium nicht auf die Reihe bekommt, hat es dann letztlich auch nicht verdient, in die Begabtenförderung der Studienstiftung des deutschen Volkes e.V. aufgenommen zu werden.
Tja, tut mir wohl Leid, liebe Studienstiftung, aber ohne deine finanzielle Unterstützung werde ich meine "Freizeit" wohl auch weiterhin damit verbringen müssen, zu lernen um meine Noten zu erhalten und zu arbeiten, um meinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Anscheinend studiere ich das falsche, aber sei's drum, ich bin gut in dem, was ich tue, und ihr könnt mir gelinde gesprochen mal geschmeidig den Buckel runterrutschen.
Ich bedanke mich für eure Aufmerksamkeit
Dienstag, 9. Februar 2010
Die Studienstiftung des deutschen Volkes e.V.
Implementierte Schnittstellen:
Stipendium,
Studienstiftung,
Uni
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